Die Sinnleere morden

Der Grazer Schriftsteller Günter Eichberger machte es einem schon mit seinen Kolumnen in der «Kleinen Zeitung» nicht leicht. Gottlob ist er dann von der Redaktion weggespart worden… Und jetzt das: Ein dicker Band mit Stücken, welche die Langeweile und Sinnleere unserer Gesellschaft mit ihren so hehren Werten auf eine Weise spiegeln, dass man gar nicht im Theater sitzen möchte…

Das gilt besonders für «Ferienmörder, ein Konserversationsstück», das dem Band den Titel leiht. Was hier gemordet wird, sind nicht so sehr andere Menschen in Gedanken oder im Gespräch, es sind die Ferien selbst mit vollkommen sinnleeren (Selbst-) Gesprächen an irgendeinem Strand. Nicht auszuhalten, erst recht nicht auf einer Bühne; der Saal wär wohl bald leer. Ein gnadenloserer Spiegel ist mir bisher kaum begegnet.

Das Lustspiel «Der König, sein Narr, seine Königin und ihre Geliebte» wird im Schloss gegeben, von dem längst die Getreuen abgefallen sind, um sich dem voraussichtlichen Sieger der drohenden Invasion rechtzeitig anzudienen. Selbst der Hofnarr, in derlei Situationen zuverlässiger Retter der Verhältnisse, hat seine Sinne nicht mehr recht beisammen und treibt ein undurchsichtiges Spiel, halb Rasputin, halb Hanswurst. Vergnüglich zu lesen, vermutlich ein Vergnügen auch im Theaterfauteuil. Blanker Unsinn am Abgrund.

In «Brennend heisser Wüstensand» kreuzen sich die Wege irgendwie gestrandeter Existenzen, jede auf ihre persönliche Erlösung wartend, und wär’s bloss endlich eine Mahlzeit im heillos abgelegenen Gasthaus, dessen Wirt zwar Speisekarten zu rezitieren weiss, aber nie Lust auf deren Ausführung verspürt. Gähnendere Leere ist nicht vorstellbar, als Aufführung wohl quälend. Doch ist der vermeintlich organisierte Alltag in einer europäischen Stadt wirklich anders? 

Beim Stück, das den Band eröffnet, wünscht man sich das Vorspielen sehnlich, und Aristophanes persönlich dürfte seinen Spass an diesem Trauerspiel haben. «Ausgeliefert oder Sex, Sucht & Dramentechnik» persifliert den Alltag in einem Spital (oder ist’s ein Knast) bis in dessen abgründigen Widersinn. Die Dialoge brennen, die Handlung überschlägt sich, ein Genuss schon beim Lesen, selbst wenn sich die Dramentechnik mal maulend einmischt (sie erhält am Schluss des Bandes nochmals allein das Wort).

Leicht spielbar ist wohl keines dieser und weiterer Stücke von Eichberger; eine Herausforderung sind sie allemal.

Günter Eichberger: «Ferienmörder. Stücke».  Ritter Literatur, Klagenfurt und Graz, 2016. 258 Seiten, broschiert. ISBN 978-3-85415-547-8.

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