Man muss eben Kaffee trinken. Dank eines Kaffees, lang nicht dem ersten, in der Konditorei Dorbolò zu San Pietro al Natisone, war ich auf das Buch gestossen, von dem an der Theke ein paar Exemplare zum Verkauf auflagen. Und nachdem der Matajur hinter Cividale sozusagen mein heiliger Berg geworden ist, weil ich so ergriffen war, als ich zum erstenmal die unglaubliche Aussicht von dort oben erlebte, rundherum über all die Bergketten vom Veneto übers Friaul und Kärnten bis nach Slowenien und über die Ebene bis nach Udine und bis zum Meer, kaufte ich das Buch. Zum Glück! Was Giuliano Citti, ein vierzigjähriger Älpler und Holzbildhauer weiter hinten im Natisonetal, an alten Geschichten zusammengetragen hat und erzählt, ist von schlichter Schönheit; nicht von ungefähr hat er den diesjährigen Literaturpreis «Settembrini» der Region Venetien gewonnen.
Es sind Geschichten aus dem einfachen, manchmal entbehrungsreichen Leben früherer Generationen in diesem abgelegenen Tälern zwischen Italien und Slowenien und an den Abhängen des Matajur, der mit seinen bloss 1642 Metern über Meer majestätisch wie eine hellgrüne Pyramide in der Landschaft steht. Geschichten voller Anmut, voll harter Arbeit, mit lachenden Kindern und schrecklichen Ereignissen, ein Leben, das einem beim Lesen trotz aller Bescheidenheit der Verhältnisse praller erscheint als der Alltag in den Städten. Kurz, ein im Wortsinn wunderbares Buch, das auch für Menschen wie mich mit nicht vollendeten Italienischkenntnissen zum stillen Genuss werden kann.
Eine der Geschichten im Buch berichtet von den handwerklichen Arbeiten während der langen Winterzeit in den Gehöften, Korbwaren aller Art, zum Beispiel, die später in der Stadt, Cividale oder Udine, zum Verkauf angeboten wurden. Der Korb, in den sich meine Katze Zizzi oft legt, und sei es auch nur als Aufforderung, dass sie darin ein bisschen Lift fahren möchte, hat genau deswegen etwas Schlagseite bekommen. Also recherchierte ich im Internet nach Körben aus den Tälern, fand aber nur Kurse, dank derer ich das Korben lernen könnte. Der behelfsmässig geflickte Korb musste weiterhin genügen. Bis heute. Dank eines Kaffees, auch bei weitem nicht der erste, in der Pasticceria Zuckerfee zu Cividale, haben wir gestern von einem Weihnachtsmarkt in San Pietro mit Produkten aus den Tälern erfahren, und hier hab ich mir tatsächlich einen währschaften neuen Korb erstanden von einer Frau, die sogar die Ruten selber schneidet. Was für ein schönes neues Möbel in meiner, pardon: in Zizzis Stube!
Giuliano Citti: «All’ombra del Matajur». Le valli del Natisone tra realtà e illusione. Racconti di confine. Mit zahlreichen Zeichnungen von Alessia Remondini. 148 Seiten, Softcover. Kappa Vu, Udine, 2023. ISBN 978-88-32153-44-6