Wer Mitra Davis Krimis noch nicht kennt, erhält hier eine feine kleine Gelegenheit, das nachzuholen, bevor’s zu gröberer Kost geht (und die kommt bald). Hinter dem lockeren, leicht boshaften Titel «Kleiner Mord für zwischendurch» verbergen sich Kurzgeschichten, die einer unglaublichen Fantasie der Autorin entsprungen sind. Da wird kaum eine Art ausgelassen, eine andere Person in den Zustand des Todes zu versetzen.
Ein älteres, sehr wohlsituiertes Paar mag sich gegenseitig nicht leiden. Jeder der beiden Partner macht eine dritte Person von sich abhängig und zwingt sie, den andern so um die Ecke zur bringen, dass es nach Selbstmord aussähe. Ein Pfeilgiftfrosch spielt dabei eine gewisse Rolle. Hoppla, fast hätt ich die Pointe verraten. Nur so viel: Für Täterin und Kripo sieht das Resultat ganz anders aus als geplant.
Eine Frau ist ihres langweiligen Lebens und der familiären Zwänge überdrüssig und erfindet sich neu als Domina, richtet sich im Keller ihren Salon ein und empfängt bessere Herren. Zwei Kunden werden anhänglich, abhängig, ungemütlich, ein dritter ihr Liebhaber. Eines späten Abends wird sie gegen ihre Vorsichtsmassnahmen von allen dreien zugleich besucht, was auf wundersame Weise mit dem gewaltsamen Tod des Bankdirektors und des Politikers endet.
Ein Berufskiller erhält von einem ihm nicht bekannten Boss jeweils Aufträge in schwarzen Umschlägen, dank welcher er mittlerweile so gut wie alle Mordmethoden kennt. Eines Tages wird er beauftragt, sich selber umzulegen. Da bietet die schönste und beste aller Berufskillerinnen an, ihm aus der Patsche helfen.
Ein Guru räumt einen lästigen Anhänger beiseite, genauer: in eine Kühltruhe. Als der Entsorgte viele Jahre später entdeckt und obduziert wird, stellt sich freilich heraus, dass er die Praktiken des Meisters eifriger geübt hatte als dieser selbst. Eine alte Dame, von einer Immobilienfirma um ihr Haus betrogen, befördert deren Direktor mit dem natürlichsten Mittel aus der Welt und bekommt ihr Haus zurück. Und so fort.
Nach den ersten paar Geschichten fragte ich mich bang, ob die zahlreichen Menschen, die zu Devis Lesungen strömen, das wirklich alle überlebt haben. Und ich frag mich das erst recht, nachdem ich mitten in einer Geschichte stecke, in welcher eine Frau eine Geschichte erzählt und ihr Publikum dabei derart in Bann zieht, dass sie, eine nach dem andern, alle Zuhörenden meuchelt. Also aufgepasst beim Lesen!
Nachtrag: Leider ist Mitra Devi am 22. September 2018 gestorben.
Mitra Devi: «Kleiner Mord für zwischendurch. Stories». Unionsverlag Zürich, 2016. 191 Seiten, gebunden. ISBN 978-3-293-00504-4