Wiederbevölkerung der Tundra mit grossen Grasfressern, um die globale Erwärmung einzudämmen

Von all den gross angelegten Plänen zur Abschwächung der verrückten globalen Erwärmung überzeugen mich nur zwei: die Wiederherstellung der Fischbestände bis zu ihrem historischen Reichtum [1] und die Wiederbesiedlung der Arktis bis zu ihrer historischen Fülle. Wenn wir den Planeten nicht mit allen anderen Lebewesen teilen und uns mit dem Platz begnügen, der dem Homo sapiens gebührt, wird unsere Spezies untergehen. Es geht um uns und unsere Umwelt – die Natur und der Planet werden auch ohne uns auskommen.

Während die Quatsch-Wissenschaft Geld verbrennt, um die dritte Kommastelle bekannter Fakten zu entdecken, müssen Forschungspioniere ausserhalb des vorherrschenden Paradigmas ihre Idee mit wenig Geld in der Hand verfolgen, zum Glück gesegnet mit ihrem Verstand. Selbst Forscher in gut entwickelten Kontexten laufen Gefahr, die Werkzeuge für ihre Experimente selber bauen zu müssen, wie ein Artikel in „Nature“ zeigt [2]. Der Homo sapiens hat ein grosses und komplexes Gehirn mit einem der höchsten Energiebedarfe im Verhältnis zum ganzen Körper [3] – wir müssen es einfach nutzen!

Sergey und Nikita Zimov bei der Ankunft von Bisons aus Dänemark (Videostill aus dem erwähnten Film [4])

Zunehmend schmelzender Permafrost

Weit weg in der ostsibirischen Tiefebene war das Gehirn schon immer das entscheidende Werkzeug für den 1955 geborenen Wissenschaftler Sergey Zimov, der den grössten Teil seines Lebens in der Tundra verbracht hat und wie der ältere Bruder von Zorbas dem Griechen. Er hat einen Abschluss in Geophysik der Universität Wladiwostok und spezialisierte sich auf Geochemie und die Ökologie der Arktis und Subarktis. Im Jahr 1977 gründete Sergey die Wissenschaftliche Station des Nordostens im Nirgendwo und ist leitender Wissenschaftler des Instituts für Geographie des Pazifiks, das zur Russischen Akademie der Wissenschaften gehört. Als die Sowjetunion zusammenbrach, wurde Sergey aufgefordert, nach Wladiwostok zurückzukehren, da die Mittel für die Station fehlten; aber er weigerte sich und blieb.

Wegen seines Lebens in Sibirien und seiner wissenschaftlichen Wachheit war Sergey Zimov ein früher Entdecker der von der globalen Erwärmung bewirkten Veränderungen im Permafrost. Dank seines wissenschaftlichen Hintergrunds konnte er herausfinden, wie schnell der Permafrostboden schmelzen könnte und dass die Folgen des fortschreitenden Prozesses ebenso gravierend sein könnten wie das Schmelzen des polaren Eisschilds, wodurch Milliarden Tonnen von CO2 sowie Bakterien und Viren freigesetzt würden, die bisher im Permafrost eingeschlossen waren.

Aber Sergey hatte eine Idee, wie man das Schmelzen abschwächen könnte. Er wusste, dass die Tundra im Pleistozän (bis vor 12’000 Jahren) baumlos, aber voller Weidetiere war: Mammuts, Wisente, Elche, Rentiere und so weiter. Auch im Winter suchten diese Tiere ständig nach Gras und hielten so die Schneedecke dünn. Aber heute bleibt der Schnee als hohe Decke liegen und wirkt für den Boden darunter wie ein Wärmepolster gegen die kalte Luft. Das bedeutet, dass der Permafrost, der im Sommer an der Oberfläche schmilzt, sich im Winter immer weniger regenerieren kann.

Es braucht Mammuts, um das Klima zu retten

Sergey Zimov kam deshalb auf die verrückte Idee, die Tundra mit vielen grasfressenden Tieren wieder zu besiedeln, später sogar mit Mammuts. 1988 gründete er in der Nähe der Forschungsstation den 160 km2 grossen #PleistozänPark, um im Kleinen zu erforschen, was später in der gesamten arktischen Region Realität werden soll. Sergey und sein Sohn Nikita, ein Mathematiker und Informatiker, der heute die Station leitet, arbeiten hart daran, ihren Park wieder zu bevölkern. Das zeigt der grossartige Dokumentarfilm von Luke Griswold-Tergis, einem Kulturanthropologen und Filmemacher aus Alaska [4].

Inzwischen bekommen die Zimovs wachsendes Interesse aus der wissenschaftlichen Gemeinschaft und von einigen Stiftungen und Spendern. Aber nur schon  um so viele grosse Weidetiere wie nötig in den Park zu bringen, braucht es weit mehr Mittel, als sie bisher zur Verfügung haben. Es ist rührend, in dem Dokumentarfilm zu sehen, wie sie darum kämpfen, wenigstens das Mögliche zu erreichen.

Sie können helfen!

Sergey, sein Sohn Nikita und die Menschen um sie herum sind bewundernswert verrückt, mit einem sehr grossen Herzen und einer noch grösseren Idee, die sie mit blossen Händen verfolgen – unglaublich, aber wahr. Sie freuen sich über jede Unterstützung. Sollten Sie also nach Weihnachten noch etwas Geld in der Tasche haben, schicken Sie es ihnen, sie haben es wirklich verdient! [5]

———

Bild: 
Sergey und Nikita Zimov bei der Ankunft von Bisons aus Dänemark
(Videostill aus dem erwähnten Film [4])

———

Quellen:

[1] Klimawandel: «Wir müssen als erstes die Überfischung beenden»

[2] The scientists who build their own tools

[3] An energy costly architecture of neuromodulators for human brain evolution and cognition

[4] A Russian Scientist’s Plan to Save the Planet, Pleistocene Park. VICE documentary, 1:39:00 (plus Making of 0:45:00). Make sure to get a youtube 1 months subscription for free or buy the film in order to avoid tons of ad breaks

[5] Support the Pleistocene Park

Eine Antwort hinterlassen