Monica Fahmy: Der Tod, das Verbrechen und der Staat

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Es gibt nichts, was nicht niet- und nagelfest genug wäre – organisierte Kriminelle behändigen es, wenn es ihnen genug Profit verspricht. Nichts ist mehr sicher vor verbrecherischer Aneignung und Ausbeutung, nicht einmal in der sicheren Schweiz. Und das in grösserem Umfang, als das selbst Pessimisten anzunehmen neigten.

Doch diese Erkenntnis ist es nicht, was Monica Fahmys Buch auszeichnet und es mich zur Lektüre empfehlen lässt. Was die Autorin auf 240 Seiten zusammenträgt, ist ein Kompendium des organisierten Verbrechens weltweit. Alles wird von internationalen Netzwerken dort beschafft, wo’s am günstigsten ist, und dort gehandelt, wo der höchste Profit winkt, ob Drogen, Produktimitate, Menschen, Rohstoffe, Wildtiere, Kunst, Edelmetalle, menschliche Organe, Waffen… Die Gangster handeln nach der alten kapitalistisch-kolonialistischen Maxime des komparativen Kostenvorteils.

Je weiter man in der Lektüre des Buchs vorstösst, desto stärker drängt sich einem der Gedanke auf, dass die Grenzen zwischen Kriminalität und legalem Profitstreben sich immer mehr verwischen. War Feudalismus einfach die naive und Kapitalismus die raffinierte Vorstufe zum ganz grossen Klau jenseits aller Schranken?

Fahmy stellt in vielen Beispielen die einzelnen Geschäftsfelder dar, die sich mehr und mehr vermischen, während die alten Organisationen im Stil einer Mafia sich entwickeln und zu internationalen, arbeitsteiligen Netzwerken wandeln. Die Strafverfolgung hinkt immer einen Schritt hintennach und wird zusätzlich behindert durch überholte Gesetze und mangelnde internationale Zusammenarbeit. Die Folge, so Fahmy: «Im Zweifel für den Kriminellen», und sie belegt dies anhand einiger prominenter Straffälle in der Schweiz.

Das Buch schärft die Aufmerksamkeit für kriminelle Machenschaften; aber das bringt sie nicht zum Verschwinden. Die organisierte Kriminalität wird eh nie verschwinden, und sie wird es einfach haben, «solange Menschen ihren gedankenlosen Konsum nicht hinterfragen». Ein für Fahmy typischer Satz: Sie versucht dem Leser immer wieder deutlich zu machen, dass es seine Lust nach einem Kick an der Party ist, seine Gier nach einem billigen Markenprodukt, sein gedankenlos eingekauftes Souvenir aus Krokoleder, sein selbstverständliches Bestehen auf einem Ersatzorgan, was die organisierte Kriminalität nährt und vielen Menschen Tod oder Versklavung beschert.

Orell Füssli, 2015, ISBN 978-3-280-05577-9

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