Der richtige Mann zur falschen Zeit

Über die Unmöglichkeit, anständig zu reagieren, wenn eine auf Krawall gebürstete Rechte das nicht will. Gute Analyse in der heutigen «Republik» [1]. Doch was nun?

Foto: Joan Minder/Republik

Müsste ich bewerten, welche Papabili aus meinem politischen Spektrum sich für den Job in der Schweizer Regierung besonders eignen, wäre Beat Jans unter den allerersten. Er will Lösungen gemeinsam erarbeiten, damit sie tragfähig sind, und er ist ausgesprochen anständig in Diskussionen; auch wenn diese heftig werden, verliert er nicht seine gewinnende Art. So habe ich ihn vor vielen Jahren als Mitglied der ziemlich bunten agrarpolitischen Allianz kennengelernt, und dafür schätze ich ihn bis heute sehr.

Beat Jans ist der Idealtypus des Mitglieds einer Kollegialregierung. Und darum ist er gerade jetzt zur falschen Zeit am falschen Ort. Der Bundesrat ist spätestens seit dem – nur vermeintlich gescheiterten – Experiment Blocher kein kollegiales Gremium mehr, sondern wurde mit jeder Ersatzwahl zunehmend in einen Truppenübungsplatz rechter Dominanz umfunktioniert. Die letzten SP-Vorgänger von Jans und Baume-Schneider im Bundesrat hatten dank langjähriger Mitwirkung noch Gewicht im Gremium; aber ihre Nachfolger konnten kaum Tritt fassen, weil inzwischen der wohl gefährlichste rechte Bundesrat seit langem ins Amt kam, der knallharte Drahtzieher mit der freundlichen Rösti-Fassade.

In einem Gremium, das von seiner rechten Mehrheit seit Jahren und zunehmend auf Krawall gebürstet wird, kann die linke Minderheit nichts mehr ausrichten, wenn sie sich weiterhin so verhält, als gälten noch Kollegialität und Konkordanz. Wenn die Rechte den Machtkampf will, soll sie ihn haben: das ist die veränderte Herausforderung an linke Bundesräte. Es ist jetzt nicht die Zeit für Nettigkeiten. In der heutigen Zusammensetzung der Regierung, und erst recht mit der wohl unausweichlichen Wahl des rücksichtslosen Drahtziehers Ritter, müsste ein linker Bundesrat offensiv zu seiner Überzeugung stehen, in seinem Kompetenzbereich unnachgiebig danach handeln und gegen aussen entsprechend eindeutig Stellung beziehen. Und er dürfte nicht klein beigeben, wenn die Mehrheit im Gremium ihn dafür kritisiert, sondern müsste im Gegenteil die Behauptungen der Kritiker zerpflücken und so den Medien den Schlagzeilen-Stoff liefern, mit dem sie vorwiegend von Rechts eingedeckt werden. Mit dem Notfallszenario eines Rücktritts mit Knalleffekt und des Austritts der SP aus dem Bundesrat, wenn Mitregieren offensichtlich unmöglich wird. Ich sage das als alter Anhänger des Kollegialitätsprinzips.

Für eine solche politische Tätigkeit sind leider weder Jans noch Baume-Schneider geeignet; beide sind unter den gegebenen Verhältnissen «zu lieb» – eigentlich ein Jammer, dass es der Rechten gelungen ist, anständigen Menschen das Regieren so schwer zu machen, in der Schweiz und in vielen anderen Ländern.

[1] https://www.republik.ch/2025/02/10/ein-bundesrat-mit-macht-und-noch-mehr-ohnmacht

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